Andacht zum Monatsspruch - April 2013

Wie ihr nun den Herrn Christus Jesus angenommen habt,

so lebt auch in ihm und seid in ihm verwurzelt

und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid,

und seid reichlich dankbar.

(Kolosser 2,6.7)

„Wenn die Christen nur einmal anfingen, ernst zu machen mit ihrem Glauben, dann wäre das eine Revolution, wie die Weltgeschichte noch keine gesehen hat.“

Hat Georges Clemenceau mit dieser Behauptung nicht recht? Wer ehrlich zu sich selbst ist, muss doch zugeben, dass wir sehr viel über unseren Glauben wissen, aber im Alltag meistens recht wenig davon in unserem Leben umsetzen.

Die Vorrechte, die mit dem Glauben verbunden sind, nehmen wir doch alle recht gern in Anspruch. Schwierigkeiten haben wir dagegen mit den Anforderungen, die damit verbunden sind. Natürlich freuen wir uns darüber, dass uns Jesus von unserer Schuld erlöst hat - aber wird dies in unserem Alltag auch sichtbar? Natürlich leben wir gern aus der Vergebung Jesu – aber können wir auch in unserem Alltag unserem Nächsten vorbehaltlos vergeben so wie Jesus uns vergeben hat?

Ich vermute, dass es uns oft nicht bewusst ist, wie sehr unser Glaubensleben von frommen Worten geprägt ist und wie wenig von dem, was wir „christliche Erfahrungen“ nennen. Wird unser Glaube wirklich sichtbar, in dem was wir in unserem Alltag tun, denken, fühlen und erfahren oder ist unser Glaube nur begrenzt auf unsere frommen Veranstaltungen oder unser Gut-Mensch-Sein? Wie sieht unser Glaubenswandel ganz praktisch in unserem Alltag aus? Andere wiederum meinen, es genüge, ein Freund der Kirche zu sein und seine Kirchensteuer zu zahlen und sonst sich halbwegs ordentlich zu verhalten. Doch das ist unmöglich, wenn wir ehrlich sind. Unmöglich aus eigener Kraft Gott zu genügen.

Beides gehört zusammen: Das Hören und das Tun. Die Verbindung zum lebendigen Gott in Gottesdienst und persönlichem Gebet und fragen nach Gottes Wort mit dem, was dann im Alltag gelebt wird. Eins ohne das andere ist nur die halbe Sache und führt dann zu solchen Irrlehren, die meinen, dass wir ja sowieso alle in den Himmel kommen. Bei weitem gefehlt!

Paulus drückt es in unserem Monatsvers auf der Titelseite unseres Gemeindebriefs positiv, ja sogar einladend aus und benutzt das Bild des Verwurzeltseins, das mehr ist als eine lose Verbindung zu Gott.

 

Ihr habt Jesus Christus als den Herrn angenommen; darum lebt nun auch in der Gemeinschaft mit ihm und nach seiner Art! Seid in ihm verwurzelt und baut euer Leben ganz auf ihn. Bleibt im Glauben fest und lasst euch nicht von dem abbringen, was euch gelehrt worden ist. Hört nicht auf zu danken für das, was Gott euch geschenkt hat.Jesus muss die Mitte bleiben und nicht die Randfigur. Gebt acht, dass euch niemand mit der leeren Vorspiegelung einfängt, euch die wahre Religion zu bringen. Das beruht doch alles auf Menschenlehren und hat nur mit den kosmischen Mächten zu tun, aber nicht mit Christus.

 

In Christus verwurzelt zu sein bedeutet: Anbetung.

Gesunde Wurzeln können wir ausbilden, wenn wir uns von Jesus mit seiner Kraft und seinem Geist füllen lassen. Es wird zuallererst darauf ankommen, uns ihm zur Verfügung zu stellen, dass er uns alles geben kann, was wir zum Wachstum brauchen. Im Begriff der Anbetung kommt das sehr gut zum Ausdruck. Wir sind nicht aufgerufen, etwas für Jesus zu tun, sondern wir sind eingeladen, das zu bestaunen, was er für uns getan hat.

Beim Betreten einer großen Kirche oder eines Domes kann man davon ein wenig ahnen (Und das hat der Baumeister auch beabsichtigt). Dieses Staunen über Gott: So groß ist Gott, dass Menschen ihm ein solches Gotteshaus bauten. So klein war ich, und trotzdem kennt mich Gott und ließ seinen Sohn an meiner Stelle sterben. Diese Anbetung inmitten von Menschengewühl ist für mich eine ganz wichtige Erfahrung. Ich kann leer vor Gott treten. Er will  nichts anderes von mir, als dass ich ihn wahrnehme, ihn in seiner Autorität anerkenne und meinen eigenen Platz vor ihm finde.

Traditionell beginnt jeder Gottesdienst nicht mit dem Vorspiel des Organisten oder einer Musikgruppe, sondern mit Stille. Man betritt den Gottesdienstraum und hat ein paar Minuten Zeit, Gottes Gegenwart zu spüren, zu staunen, dass er jetzt in dieser Stunde da ist und sich zeigen will. Manchmal fehlt diese Stille vor dem Gottesdienst. Wir sind mit dem Begrüßen untereinander beschäftigt, was in einer lebendigen Gemeinde Sinn macht. Doch wenn wir nicht einfach in den Gottesdienst hineinpurzeln wollen, sondern uns Zeit gönnen, um über Gottes Gegenwart ganz persönlich zu staunen, dann lasst uns ein paar Minuten früher zum Gottesdienst kommen, um einander zu grüßen, und in diesem Raum still werden, um Gott zu begrüßen, der sich wieder neu um unsere Wurzeln kümmern will.

Verwurzelt sein, wie Paulus es uns wünscht, heißt auch: Hören auf Gottes Stimme.

Gottes Stimme zu hören, lässt sich nicht mit einer Strategie planen, sondern ist nur möglich, wenn wir in Gottes Nähe sind, uns einwurzeln in Jesus Christus, ihm ganz vertrauen. Die Liebesbeziehung wird gestört durch Entwurzelung, durch Entwöhnung und durch Sünde. Durch Entwurzelung, indem ich meine Wurzeln nach anderen Blumentöpfen ausstrecke.

Verwurzelt sein: eine vertrauensvolle Beziehung auf Du und Du, die lebt von Rede und Gegenrede, von Frage und Antwort. Sie weicht unbequemen Antworten von Gott nicht aus. Verwurzelt sein, durch Hören und Reden mit Gott.